Landwirte mit Herz und Computer
Landwirte mit Herz und Computer
Der Traktor fährt autonom, mit GPS gesteuert. Bei der Biogasanlage funktioniert alles digital. Die Geschwister Johanna und Burkhard Liesen betreiben in Nörvenich-Rommelsheim bei Düren mit Begeisterung Landwirtschaft. Sie setzen dabei auf Vielfältigkeit und bauen unter anderem Sonnenblumen und Hanf für die eigenen Öle an. Zusammen mit dem Forschungszentrum Jülich experimentieren sie mit verschiedenen Kulturen, um die Tagebau-Abbruchhänge zu befestigen.
„Wir produzieren ganz klassisch Getreide, Weizen oder Mais als Futtermittel für Tiere. Dann machen wir noch Zuckerrüben für die Zuckerfabrik, Sonnenblumen-, Hanf-, Raps- und Leinöl“, erklärt Burkhard Liesen. Viele der Produkte werden direkt im hofeigenen Laden verkauft. In Ergänzung dazu betreiben die Liesens eine Biogasanlage, die 1200 Haushalte mit Strom versorgt. „Die Anlage wird bei uns zu 40 Prozent mit Silo-Mais gefüttert und wir setzen noch verschiedene Mistsorten aus der Umgebung ein“, ergänzt Johanna Liesen. Das macht die Anlage besonders nachhaltig.
Das gemeinsame Ziel der Liesens ist Kreislaufwirtschaft: „Futtermittel produzieren, Energie daraus gewinnen und die Rückstände anschließend dann noch als Dünger auf unsere Felder ausbringen. So haben wir einen wunderbar geschlossenen Kreis, in dem wir unsere Produkte maximal nutzen.“
Gäste: Johanna und Burkhard Liesen, Betreiber des Scheidtweilerhofs in Nörvenich-Rommelsheim
Moderation: Torsten Knippertz
Verkaufsstellen der Öle vom Scheidtweilerhof finden sich auf dieser Karte.
Mehr Informationen zum gemeinsamen Projekt mit dem Forschungszentrum Jülich gibt es auf BioökonomieREVIER.
Johanna Liesen: Das ist der Blick bei mir vom Balkon, aus meinem Zimmer, vom Hof aus Richtung Eifel. Das ist nicht weit. Es ist zwar noch alles flach bei uns, aber der Blick ist, kriegt man nicht überall.
Burkhard Liesen: Den Ort kann man nicht so wirklich festlegen, aber einfach das auf dem Feld sein und um sich Platz zu haben und zu sehen, wie die Kulturen wachsen.
Intromusik
Torsten Knippertz: Hallo, herzlich willkommen zu unseren Reviergeschichten. Mein Name ist Thorsten Knippertz und ich weiß ja nicht, wie es euch, wie es Ihnen geht - für mich ist spätestens mit Ostern der Frühling da. Super, alles blüht, wird wieder grün und darum freue ich mich sehr, dass ich heute die Geschwister Johanna Liesen Liesen und Burkhard Liesen Liesen vom Scheidtweilerhof in Nörvenich-Rommelsheim zu Gast habe, zwei junge Menschen, die im Rheinischen Revier, nicht weit entfernt von Düren, mit Begeisterung Landwirtschaft betreiben. Der Traktor fährt autonom, GPS gesteuert. Bei der Biogasanlage funktioniert alles digital und die beiden experimentieren auf ihrem Acker nicht nur mit Kartoffeln, Raps, Sonnenblumen, Hanf und Mohn, sondern auch im Auftrag des Forschungszentrums Jülich mit der gelben Färberdistel Saflor und Kapuzinerkresse für die Tagebau-Abbruchhänge. Was es damit auf sich hat, darüber spreche ich jetzt mit meinen Gästen. Hallo Johanna Liesen Liesen, hallo Burkhard Liesen Liesen.
Burkhard Liesen: Hallo!
Johanna Liesen: Hallo!
Torsten Knippertz: Schön, dass ihr da seid. Bei euch wächst und grünt jetzt bestimmt ganz viel. Ihr seid beide Landwirte, Landwirtin in der vierten Generation, führt jetzt mit 28 bzw. 29 Jahren den Hof als Familienbetrieb und ich habe es ja schon angedeutet: Das ist ja deutlich mehr als eine normale, in Anführungsstrichen Landwirtschaft bzw. das „normale“ in Anführungsstrichen. Ihr habt einerseits eine große Vielfalt in den Produkten, aber euer Fokus liegt auch auf Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Richtig?
Burkhard Liesen:Genau. Also unser Betrieb, den kann man eigentlich in vier Kategorien einordnen oder vier Standbeine, die wir haben. Das ist einmal unser landwirtschaftlicher Betrieb, wo wir klassisch Lebensmittel produzieren und dann haben wir noch unsere Biogas-Anlage, wo wir Strom für ungefähr 1200 Haushalte produzieren, das Jahr über, und der neue Standort, das neue Standbein, jetzt, ist unser Öl, was wir produzieren.
Torsten Knippertz: Und ihr habt was mitgebracht. Dazu kommen wir später auch noch. Ich grätsche mal kurz rein. Was für Lebensmittel habt ihr denn so?
Burkhard Liesen: Also wir produzieren klassisch Getreide, Futterweizen oder auch für die Tier-Ernährung Mais, Getreide. Dann machen wir noch Zucker für die Zuckerrüben-Fabrik, genau, und sonstige Sachen ist halt jetzt als Lebensmittel: unsere Sonnenblumen, Hanf, Raps und Leinöl.
Torsten Knippertz: Tiere habt ihr aber nicht.
Johanna Liesen: Nein, wir sind tierloser Betrieb. Das gibt es in unserer Region auch immer öfter. Also klar, man kriegt es in der Politik mit. Immer mehr Betriebe schaffen ihre Tiere ab. Aber wir sind auch ein reiner Ackerbau Standort. Und bei uns in der Region gibt es einfach kaum Vieh und auf unserem Hof gab es auch in der Geschichte, klar zu Großmutters Zeiten, vielleicht mal das eine oder andere Vieh, was da gehalten wurde, aber nicht in den Größenordnungen, wie man das aus anderen Kreisen oder aus anderen Bundesländern kennt.
Torsten Knippertz: Aber ihr macht Futtermittel für Vieh oder für andere Tiere.
Johanna Liesen: Das machen wir auch genau. Also wir produzieren natürlich rein Brot-Weizen auch, der über eine Genossenschaft vermarktet wird und auf der anderen Seite Futter, also Futtergetreide auch, was wir dann mit unser in unsere Futtermischung einfließen lassen und wir haben ab Hof einen Verkauf, wo wir anbieten, dass Endkonsumenten oder Verbraucher für ihr eigenes Geflügel oder ihr eigenes Vieh, sozusagen, Futter bei uns abholen kann.
Torsten Knippertz: Und eine eigene Biogasanlage. Womit betreibt ihr die?
Johanna Liesen: Ja, die Biogasanlage wird bei uns zu 40% mit Silo-Mais gefüttert, den wir in Kooperation mit umliegenden Landwirten anbauen. Also wir haben Kooperationsverträge mit diesen und andererseits setzen wir natürlich noch unterschiedliche Mistsorten ein - das ist Rindermist, Entenmist. Wir kriegen auch zum Teil Mist geliefert und wir haben auch etliche Pferde-Halter, die ihre Kleinstmengen an Pferdemist zu uns bringen und so sind wir natürlich ein diverser Betrieb, der auch unterschiedliche Inputstoffe in so eine Biogasanlage einfließen lässt.
Torsten Knippertz: Also schon wieder was gelernt in den Revier.Geschichten. Mist muss nichts Negatives sein.
Johanna Liesen: Nein, im Gegenteil.
Burkhard Liesen: Eigentlich sehr positiv. Genau, weil, zum Beispiel dadurch, dass wir sehr viel Pferdemist einsetzen aus der Region, die dann mehrere Pferde-Liebhaber oder -Halter, die bei uns direkt um die Ecke sind, im Garten vielleicht ein oder zwei Pferde, die bringen dann am Samstag oder am Wochenende dann mit ihrem Auto-Anhänger den Pferdemist bei uns zur Biogasanlage. Dann ist immer bei uns ein reges Treiben.
Torsten Knippertz: Sehr gut. Ihr habt aber auch Solar glaube ich, ne? Photovoltaik?
Burkhard Liesen: Genau, Wir haben noch mal Im Verlauf der Jahre haben wir zwei große Hallen gebaut, wo wir Maschinen reinstellen und unter anderem Kartoffeln lagern und die haben wir mit Solar-Anlage bestückt.
Torsten Knippertz: Denkt Ihr auch über Agrar-Photovoltaik nach, also heißt: Bepflanzung und Photovoltaik zusammen auf einem Feld?
Burkhard Liesen: Ja, denken wir drüber nach. Ist ein schwieriges Thema, weil, es ist nicht unbedingt überall möglich - auch genehmigungstechnisch. Und ja, man muss im Betrieb auch die richtige Kultur für diese Agri-Photovoltaik haben. Wir sind jetzt kein Obstbau-Betrieb, die jetzt das zum Beispiel als Schutz vor Hagel oder Unwetter nutzen. Ja, also wir sind an dem Thema dran. Wir versuchen immer die innovativen Themen, mit denen wir jeden Tag konfrontiert werden, aufzunehmen - und das ist eines davon.
Torsten Knippertz:Das macht er ja auch schon. Ihr arbeitet mit dem Forschungszentrum Jülich zusammen. Was macht Ihr da genau?
Burkhard Liesen: Ja, also der Ackerbau ist so mehr so mein Part. Ich mache bei uns den Anbau und ja, mein Hobby ist eigentlich, jedes Mal neue Herausforderungen anzunehmen und neue Kulturen zu etablieren und als die Diskussion mit dem Rheinischen Revier aufgekommen ist, haben wir seit Anfang an daran teilgenommen, weil das ja eigentlich auch uns stark betrifft, weil hier vieles umgebaut werden soll und da sind wir halt ins Gespräch mit dem Forschungszentrum gekommen und da kamen dann halt mehrere, auch Industriebetriebe, auf das Forschungszentrum zu und haben gesagt. Hört mal: Die und die Produkte können wir brauchen. Wisst ihr nicht wen, der da Lust hat, das mal auszuprobieren? Und dann sind wir ein Zusammenschluss von mehreren jungen Landwirten aus der Region und wir probieren das auf verschiedenen Standorten einfach mal aus, auf kleinen Flächen.
Torsten Knippertz: Ich habe ja auch Verwandte, die einen Bauernhof haben. Ich war schon lange nicht mehr da, muss ich gestehen. Das letzte Mal, ich weiß gar nicht, ob ihr da schon geboren wart. Wahrscheinlich nicht, glaube ich. Und damals habe ich noch so diese romantische Vorstellung, da durfte ich mit auf dem Trecker sitzen, da auf dem Kotflügel. Aber wenn ich mir die Traktoren heute angucke und wenn ich mir anhöre, wie modern das bei Euch ist: Seid ihr auch noch so groß geworden - also mit, keine Ahnung, 5, 6, 7, 8 auf dem Trecker mitgefahren, beim Kartoffeln ausmachen geholfen, oder wie war das bei euch, Johanna Liesen?
Johanna Liesen: Ich würde sagen definitiv ja, von beiden von uns. Wir sind ja nicht auf dem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen. Man muss ein bisschen in die Historie des Betriebes zurückblicken. Und zwar ist unsere Großmutter, die über 90 geworden ist, damals in der Nachkriegszeit auf diese Aussiedlerstelle sozusagen ausgesiedelt und hat dort den neuen landwirtschaftlichen Betrieb gegründet, aus dem Ort der Nachbargemeinde und wir sind dann sozusagen als Kinder im Dorf noch aufgewachsen und mein Vater ist auch oder unser Vater ist auch auf dem Betrieb im Ort aufgewachsen und dann mit ausgesiedelt im Zuge seines Heranwachsens.
Torsten Knippertz: Aber aussiedeln heißt jetzt hat nichts mit Nationalität zu tun?
Johanna Liesen: Das heißt es nicht. Das heißt immer, wenn man als Betrieb aus einer Ortschaft, wenn man vielleicht den Betrieb im Ort hatte und dann auf eine freie Fläche, wo noch nichts stand, wird ein neuer Betrieb errichtet. Und da spricht man immer von Aussiedlerhof. Das hört sich manchmal so negativ an, hat aber eigentlich was ganz Gutes, weil so viel Freiraum drum rum. Den kennt man aus der Ortschaft oder aus der Stadt sowieso nicht.
Torsten Knippertz: Und das bedeutet, ihr durftet mitten auf dem Feld was bauen. Das habt ihr dann auch gemacht.
Johanna Liesen: Ja, das waren ja nicht wir. Das waren unsere Großmutter und Opa sozusagen, die das initiiert haben und mein Papa ist dann als Kind mit auf den Hof gezogen und er war sozusagen die erste heranwachsende Generation auf dem Hof im Feld und wir sind dann, als Kinder sind wir im Ort, wir sind im Ort aufgewachsen, in einer Doppelhaushälfte. Da die Betriebszugehörigkeiten auch unserem Opa zugehörte, sozusagen, und er hauptverantwortlich war, hat er natürlich auf dem Hof gewohnt und dann, im Zuge unseres Heranwachsens sind wir dann irgendwann, 2004, wir waren so acht und zehn Jahre alt, auf den Betrieb gekommen und konnten dann da erstmal erleben, so hautnah im Alltag immer, was alles auf dem Betrieb anfällt, welche Arbeiten anfallen und da hat man das hautnah miterleben können.
Torsten Knippertz: Hattet ihr da schon das Gefühl: Jo, das wäre später auch mal was für mich, da möchte ich mitmachen oder war das da noch gar nicht in euren Köpfen?
Burkhard Liesen: Also man wächst quasi in die Rolle rein und man ist quasi permanent damit konfrontiert, was draußen passiert. Man fährt mit, man macht die eine oder anderen Arbeiten dann auch schon als junges Kind mit, aus Spaß und wenn man dann mal zwischendurch was Anderes gemacht hat oder zur Schule gegangen ist, dann kommt schnell Sehnsucht auf und man möchte einfach praktisch mit anpacken und den Betrieb mitentwickeln.
Torsten Knippertz: Jetzt hast du eben gesagt: Das hört sich manchmal so negativ an bei dem Aussiedlerhof, aber ich habe eben den Begriff „Bauernhof“ gesagt. Also früher, meine Verwandten, die haben sich selbst als Bauern bezeichnet. Also das war jetzt kein landwirtschaftlicher Betrieb, sondern ein Bauernhof mit Bauern. Wie würdet ihr euch bezeichnen? Landwirte, Bauern, Bauernkinder? Ist das, Ist das negativ? Ich frage jetzt ganz neutral.
Johanna Liesen: Nein, ich würde sagen: Es ist auf keinen Fall negativ. Ich kann, glaube man kann, jeder, der eine Landwirtschaft aufgewachsen ist und von, ja, von Kindesbeinen an da gelebt hat und das miterleben durfte, stolz darauf sein, dass man Bauernkind ist, weil, es gibt so viele Vorteile, die das mit sich bringt. Man ist so viel an der frischen Luft, man wächst in der freien Natur auf, man verbringt weniger vor digitalen Medien, was auch für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit ganz entscheidend ist und ich glaube, da kann man stolz drauf sein, um das so zu sagen.
Torsten Knippertz: Ja, ich habe sowieso ein bisschen das Gefühl, dass sowohl auf der einen Seite handwerkliche Berufe, auf der anderen Seite auch Landwirtschaft, ja weiß ich nicht, einen höheren Stellenwert bekommen nach und nach. Empfindet ihr das auch so oder habe ich das ganz subjektiv?
Burkhard Liesen: Ja, definitiv. Also viele Leute können oder haben es einfach nicht wie wir gelernt von der Pike auf und haben halt auch nicht die Möglichkeiten gehabt, technisch basierte Sachen zu lernen. Bei uns ist es unser Arbeitsspektrum, geht ja vom Ackerbau, von der Aussaat, von der vom generellen Führen einer Kultur oder einer Pflanze im Feld bis zum technischen Bereich. Maschinen-Pflege genau dann auch Bereiche im Bau, wenn eine neue Halle gebaut wird. Also die meisten Arbeiten übernehmen wir dann immer selber. So hat man eigentlich fast alle Zweige des Wirtschaftens oder der Gesellschaft hat man eigentlich in sich im Betrieb und auch Bürokratie fällt bei uns auch sehr viel an und dann ist dieses Spektrum. Man deckt eigentlich alles der Gesellschaft im Betrieb ab.
Torsten Knippertz: Also super breit gefächert, super vielfältig. Bei einem Fußballer würde man sagen Polyvalenz, also vielfältig einsetzbar. Das sind super vielen Sachen, die werdet ihr ja wahrscheinlich nicht alle learning by doing aufgesaugt haben, sondern habt das dann auch noch mal bei einer Ausbildung oder Studium gelernt.
Johanna Liesen: Genau, richtig. Also wir haben, ich fange vielleicht mal mit mir an, um auch ein bisschen zur Familie nochmal einzugehen, wir sind zu viert zu Hause, wir sind vier Geschwister, davon bin ich die Älteste. Dann kommt mein Bruder und wir haben noch zwei jüngere Schwestern. Und kurz zu meiner Ausbildung: Ich habe nach dem Abitur, was ich in Düren an der Sankt Angela-Schule gemacht habe, ganz klassisch eine kaufmännische Ausbildung gemacht, weil die kaufmännische Basis für alles Wirtschaften lernt man halt am besten einfach mal eine Ausbildung in einem anderen Betrieb und da war ich am Niederrhein und habe da eine Ausbildung im Eierhandel gemacht.
Torsten Knippertz: Wo denn? Ich komme aus Mönchengladbach.
Johanna Liesen: Bei Moos-Butzen in Mackenstein.
Torsten Knippertz: Ah, okay. Das ist gar nicht weit von uns, bei Viersen.
Johanna Liesen: Ja, ich habe auch in Mönchengladbach in der Zeit gewohnt. Genau. Und habe ich im Anschluss aber noch ein Studium angehängt, weil man will ja sich noch mal weiterentwickeln, habe ich International Business in Venlo studiert und um noch mal die Lieferprozesse, sozusagen - mein Leitspruch ist da mal „From farm to fork“, dass man so ein bisschen die Lebensmittel, die im Ursprung in der Landwirtschaft produziert wurden, bis hin an die Ladentheke, bis zum Verbraucher bringen kann - und dazu habe ich da mein Studium absolviert.
Torsten Knippertz: From Farm to Fork – hast Du dir das schützen lassen?
Johanna Liesen: Nee, habe ich nicht. Das ist aber auch eigentlich ein gängiger
Slogan, sozusagen, den man schon öfter hört.
Torsten Knippertz: Ja, okay. Ja, ich, ich habe den das erste Mal gehört, gerade.
Johanna Liesen: Aber das bildet eigentlich ziemlich das ab, was wir im Studium gemacht haben: die Lieferketten zwischen Landwirt, der Produktion und auf der anderen Seite dem Verbraucher.
Torsten Knippertz:Wie war es bei dir?
Burkhard Liesen: Genau. Also ich habe auch in Düren mein Fach-Abi gemacht in Wirtschaft, Verwaltung und danach habe ich ganz klassisch eine landwirtschaftliche Ausbildung gemacht. Durch mein Studium konnte ich die dann um ein Jahr verkürzen und habe nur zwei Jahre machen müssen und danach habe ich, muss man ein sogenanntes Gesellenjahr machen, um dann nachher den staatlich geprüften Agrar-Betriebswirt zu machen. Dieses Gesellen Jahr habe ich dann in der Schweiz gemacht auf einem Gemüsebau-Betrieb und anschließend habe ich dann in Köln-Auweiler meinen staatlich geprüften Agrar-Betriebswirt abgeschlossen und seitdem bin ich zu Hause im Betrieb.
Torsten Knippertz: Du hast, Johanna Liesen, eure beiden Schwestern angesprochen. Die haben gar nichts mit Landwirtschaft zu tun, oder was machen die?
Johanna Liesen: Ich würde sagen: Jein. Sie waren natürlich immer dabei. Die sind genauso wie wir beide auf dem Land, auf dem Betrieb zu Hause aufgewachsen, waren immer dabei. Die eine hat es aktuell nach Neubrandenburg verschlagen, oben in den hohen Norden. Die wird oder ist jetzt fertige Lebensmitteltechnologin mit Bachelor und strebt gerade ihren Master an, also die technologische Sparte sozusagen. Was die Lebensmitteltechnologie angeht, die haben wir auch noch abgedeckt und die Jüngste wollte Jura studieren und ist auch dabei und absolviert aktuell ihr Jurastudium in Bonn.
Torsten Knippertz: Da kann man auch gebrauchen.
Johanna Liesen: Ja, klar. Also wer weiß, vielleicht?! Juristen brauchen wir ja auch in der Landwirtschaft. Wohin es sie verschlägt? Wir werden es sehen.
Torsten Knippertz: Ich bin gespannt. Aber es hört sich auf jeden Fall so an, als wenn in eurer Familie der Generationenwechsel ziemlich erfolgreich vonstattengegangen ist. Ist euer Vater noch im Betrieb? Hat er noch Aufgaben?
Burkhard Liesen: Der ist noch Betriebsleiter. Komplett. Wir sind quasi zurzeit noch Angestellte. Mein Vater, der hat die Aufgaben mehr, der ist sehr spezialisiert auf seine Biogasanlage. Der macht eigentlich hauptsächlich die ganze Abwicklung, alles, was neu geplant werden muss und Zertifizierungen zum Beispiel. Wir sind auch nachhaltigkeitszertifiziert in der Biogasanlage, weil wir halt sehr viel Mist einsetzen und auch die ganzen Maisproduzenten sind auch alle nachhaltigkeitszertifiziert und das ist halt ein Riesenaufwand, das alles bürokratisch zu bewältigen und da ist er sehr ausgelastet mit.
Torsten Knippertz: Ich habe gerade im ersten Moment gedacht, Du wolltest sagen: Weil wir da sehr viel Mist bauen.“
Burkhard Liesen: Nein, nein, das Gott sei Dank nicht.
Johanna Liesen: Wir nutzen den Mist ja für was Positives.
Torsten Knippertz: Genau. Aber jetzt kommen wir mal ganz kurz, „kurz“ ist das Stichwort, zu den Kurz und knackig-Fragen“ für euch. Johanna Liesen, Du bitte zuerst dein Lieblingsgericht.
Johanna Liesen: Himmel und Ääd.
Torsten Knippertz: Deins?
Burkhard Liesen: Meins? Rinderrouladen - aber am besten die von Oma!
Torsten Knippertz: Ja, natürlich. Natürlich! Was macht die rein?
Burkhard Liesen: Senf und Gurken und Zwiebeln und Speck. Wunderbar!
Torsten Knippertz: Oh ja, da kann ich mich jetzt nicht entscheiden. Euer Lieblingsort im Rheinischen Revier?
Johanna Liesen: Ich fange an. Das ist der Blick bei mir vom Balkon, aus meinem Zimmer, vom Hof aus Richtung Eifel. Das ist nicht weit. Es ist zwar noch alles flach bei uns, aber der Blick ist - kriegt man nicht überall!
Torsten Knippertz: Schön!
Burkhard Liesen: Bei mir ist das eher so, den Ort kann man nicht so wirklich festlegen, aber einfach das auf dem Feld sein und um sich Platz zu haben und zu sehen, wie die Kulturen wachsen.
Torsten Knippertz: Also ihr fühlt euch wohl, da, wo ihr seid. Das ist schon mal gut im Rheinischen Revier, mittendrin. Die dritte Frage würde ich jetzt mal zweiteilen. Zuerst mal an dich, Burkhard Liesen, deine Lieblingspflanze auf eurem Hof?
Burkhard Liesen: Das ist die Sonnenblume.
Torsten Knippertz: Oh, das kam schnell.
Burkhard Liesen: Genau die haben wir auch jetzt erst seit kurzem im Betrieb. Also, wir sind jetzt, dieses Jahr ist das dritte Anbaujahr. Die ist eigentlich absolut nicht typisch für unsere Region hier, weil wir ein guter Ackerbau-Standort sind, und als Ölkultur ist der Raps wesentlich stärker. Es wird eher Richtung Sonnenblume, eher Richtung Ostblock angebaut, aber in den letzten Jahren gab es so viele Fortschritte in der Forschung, dass es einfach Spaß macht, die Sonnenblumen hier anzubauen.
Torsten Knippertz: Ja, ist auch eine meiner Lieblingspflanzen.
Burkhard Liesen: Es ist ein Gedicht, die auf dem Feld zu sehen, wenn alle blühen.
Torsten Knippertz: Ja, finde ich auch. Irgendwie machen die gute Laune so - nicht nur uns, sondern auch den Insekten, glaube ich. Und jetzt werden wir ein bisschen businessmäßig bei deiner dritten Frage, Johanna Liesen. Was ist dein liebstes Marketingtool?
Johanna Liesen: Also ich glaube, das ist ein bisschen, kann ich gar nicht so konkret beantworten, aber wir haben natürlich mehrere Tools, die wir nutzen: Social Media, Instagram, Facebook, die wir auch jetzt mit der Ölmühle erst mal aufbauen mussten. Wir haben die Website im letzten Jahr aufgebaut - also es war ganz viele Dinge, die für mehr Öffentlichkeitsarbeit gesorgt haben. Ich bin auch manchmal noch jemand, der klassisch sagt: Auf einer Messe, wenn man Aussteller ist, Flyer was an die Hand nehmen, was die Leute greifen können. Das gehört auch nochmal dazu. Also von digital bis analog decken wir das ab.
Torsten Knippertz: Beim Digitalen muss ein bisschen aufpassen. Das sehen die Podcast-Hörerinnen und -Hörer jetzt nicht. Ich habe hier so eine Orthese heißt das glaube ich um den Daumen. Ich habe jetzt offiziell bestätigt: Ich habe einen Handy-Daumen - zu viel Social Media.
Johanna Liesen: Ich habe Flyer mitgebracht.
Torsten Knippertz: Aber jetzt gehen wir noch mal ans Eingemachte. Jetzt gehen wir ins Detail. Wenn ich mir eure diversen Projekte so vorstelle, seid ihr dann auch noch mit Gummistiefeln unterwegs und Mistgabel? Wahrscheinlich eher nicht. Heutzutage eher Laborkittel?
Burkhard Liesen: Nein, eigentlich absolut gar nicht. Die Gummistiefel gibt es bei uns auch noch, die werden auch eigentlich dauerhaft benutzt. Wir haben halt viele Arbeiten im Feld anfallen und die Kulturen. Man kann sich das nicht so vorstellen, dass wir ganz entfernt davon sind, die Pflanzen praktisch im Feld anzubauen. Also, wir machen eigentlich alles per Hand noch selber.
Johanna Liesen: Die Gummistiefel kommen wahrscheinlich meistens an der Biogasanlage zum Einsatz. Wenn dann doch mal schlechtes Wetter ist und gerade ein Kunde seinen Mist abliefert, dann ist es vielleicht doch besser, wenn man mal Gummistiefel anhat, obwohl alles befestigt ist, aber nichtsdestotrotz: Den klassischen Gummistiefel, den gibt es bei uns auch noch.
Torsten Knippertz: Und ihr setzt auf Erneuerbare Energien, Photovoltaik, Biogas, weil man das heutzutage muss oder wart ihr sowieso schon immer Menschen, die nachhaltig gedacht haben?
Burkhard Liesen: Also das darf man eigentlich nicht so auf uns münzen. Unser Vater hat die Biogasanlage gebaut. Der war da sehr fortschrittlich, in dem Sinne schon und wir haben halt jetzt im Moment voll den Nutzen dadurch, weil wir unseren ganzen Betrieb eigentlich in einer Kreislaufwirtschaft versuchen aufzubauen oder haben den bereits schon in einer gewissen Kreislaufwirtschaft. Wir produzieren mit der Landwirtschaft Lebensmittel und halt auch Futtermittel, die dann wie der Mais - gilt bei uns als Futtermittel - der wird dann halt zur Stromerzeugung genutzt. Den großen Vorteil haben wir dann dadurch, dass wir viel Mist bekommen. Den setzen wir auch dann in der Biogasanlage ein und alles das zusammen haben wir dann als Dünger für unsere Felder. Dann können wir quasi Futtermittel produzieren, Energie gewinnen und anschließend dann noch mal den Dünger auf unsere Felder ausbringen und so haben wir einen wunderbar geschlossenen Kreis, wo wir halt unsere Produkte maximal nutzen.
Torsten Knippertz: Das hört sich gut an Je mehr Kreisläufe ihr produziert, desto effizienter, damit vielleicht auch lukrativer wird das, wenn die Wertschöpfungskette funktioniert. Und jetzt schaue ich hier auf unseren Tisch und sehe die Öle, die ihr mitgebracht habt - haben wir ja kurz schon angesprochen. Ihr habt eine Ölmühle, Wie passt das da rein?
Johanna Liesen: Ja, die Ölmühle, das kam eigentlich zustande, das war letztes oder vorletztes Jahr schon mal ein Thema bei uns. Es gibt eigentlich immer so, wie ich soll ich sagen, Gesprächsrunden, wo wir mal sonntags die Köpfe zusammenstecken oder einen Abend und überlegen: Was kann man denn noch machen oder wo steckt noch Innovation hinter? Und es war eigentlich vor der Ölkrise, die in der Ukraine, natürlich. Der Krieg in der Ukraine hat ja letztes Jahr dazu geführt, dass überall Öl in den Supermarktregalen knapp war. Wir haben aber ein Jahr vorher schon uns mit dem Anbau von Sonnenblumen beschäftigt. Also wir wussten gar nicht, was auf uns zukommt und haben dann ein Jahr zuvor schon Sonnenblumen angebaut, hatten schon gewisse Anbau-Erfahrungen, oder mein Bruder, wie kultiviert man, wie baut man an, wie erntet man die Sonnenblumen? Und daraufhin konnten wir dann letztes Jahr im Frühjahr, ich habe vorher noch eine Managementschulung, den Topkurs der Andreas Hermes-Akademie gemacht und habe danach entschieden: Okay, wenn nicht jetzt, wann dann? Und haben dann angefangen, uns die Technik zusammenzusuchen, bis man erst mal ein Tropfen Öl aus den Saaten pressen kann. Ich würde sagen, wir haben 8 bis 10 Wochen gebraucht, bis man alles stehen hat. Wir brauchten Produktionsraum, den wir in einem Container, erst mal als Erstlösung sozusagen, geschaffen haben, wo wir dann die Pressen aufgestellt haben, wo dann das erste Öl floss. Bis es in der Flasche landete, dauert das dann auch nochmal ein bisschen. Etikett - da haben wir aus dem Freundeskreis zwei junge Mädels, die uns beim Design unterstützt haben und so hangelt man sich an den Aufgaben entlang, bis man das Öl in der Flasche mit Etikett hat, mit einem EAN-Code, wie das dann auch im Handel, sozusagen eingefordert ist.
Torsten Knippertz: Außerdem ist es ja eigentlich auch ganz cool zu sagen: Ich mache ein Öl, aber nachhaltig.
Johanna Liesen: Ja klar. Also, das war schon so ein bisschen auch mein Traum, dass man mal aus einem eigenen Produkt, was man auf einem landwirtschaftlichen Betrieb anbaut, das selbst verarbeitet und dann bis in die Ladentheke bekommt. Das sagt auch dieses „Farm to Fork“ eigentlich ganz gut.
Torsten Knippertz: Jetzt sehe ich hier vier Flaschen stehen. Das sind ja wahrscheinlich nicht alles unterschiedliche Sonnenblumenvarianten. Was habt ihr alles für Öl?
Burkhard Liesen: Also wir machen einmal unsere Sonnenblumen als Sonnenblumenöl, dann haben wir Raps im Anbau, den wir auch vorher schon viele Jahre vorher gemacht haben - ganz klassisch auch stark in unserer Region vertreten. Man sieht immer diese wunderbar schönen, gelb blühenden Felder - das ist dann unser Raps. Und dann haben wir noch Lein im Anbau. Der ist etwas kleiner, blüht wunderbar blau bis violett. Ist eigentlich auch ganz schön anzusehen, eine super Vorkultur für Getreide, hat eine sehr gute nussige Note und dann bauen wir noch Hanf an. Das ist eigentlich auch eher so was aus der Mode im Moment, dass Hanf auf dem Feld angebaut wird, um Öl oder CBD zu produzieren.
Torsten Knippertz: Jetzt hast du mir den Mund so ein bisschen wässrig gemacht. So ein schönes Öl mit Brot und ein bisschen Salz dazu ist ja, ist ja was Feines und netterweise hat die Nicole, eine unserer Kolleginnen, die hier beim Podcast auch hinter den Kulissen beteiligt sind, Brot mitgebracht, frisches Brot. Dürfte ich vielleicht mal eins von den Ölen probieren - oder vielleicht sogar zwei, drei?
Burkhard Liesen: Alle!
Johanna Liesen: Wir können auch alle probieren.
Torsten Knippertz: Ja, okay.
Johanna Liesen: Vielleicht fangen wir, wir machen immer die Reihenfolge eigentlich mit dem Mildesten an, weil man das am besten dann raus schmeckt. Deswegen ist die Sonnenblume eigentlich, wie soll ich es sagen, unser Beginner.
Torsten Knippertz: Okay, das ist ganz gut. Sonnenblumenöl bin ich gewohnt, weiß ich ungefähr, wie das schmeckt, wenn ich es im Supermarkt oder Bio-Supermarkt gekauft habe. Kann man die eigentlich die ganzen Sachen? Kann man die alle in der gleichen Mühle pressen?
Johanna Liesen: Nein, man muss dazu sagen, wir haben ja im vergangenen Jahr erst damit angefangen mit unserer Bubenheimer Ölmühle. Da haben wir einen Produktionscontainer angeschafft. Man muss ja erst mal damit anfangen. Und da haben wir zwei kleine Schneckenpressen angeschafft für zwei Kulturen. Wir haben mit Raps und Sonnenblumen angefangen und das ist dann so, dass man erst mal pro Presse sozusagen eine Kultur fährt. Man spricht da von „Kultur“ oder „Ölkultur fahren“, sozusagen in der Presse und dann haben wir das erste Öl daraus gewonnen.
Torsten Knippertz: Okay, darf ich jetzt mal probieren? Wollt ihr auch? Also hier ist genug Brot da.
Johanna Liesen: Ich glaube, ich kann nicht nein sagen.
Torsten Knippertz: Greift zu. Also einmal das Sonnenblumenöl.
Johanna Liesen: Es muss ja nicht immer Olivenöl sein. Wenn ich Verkostungen oder sowas mache in anderen Hofläden, dann sage ich den Kunden auch immer: Wenn man abends einen Antipasti-Abend macht, mit Öl auf dem Teller und Glas Wein dazu, dann kann das auch mal eine Vielfalt von regionalen Ölen sein und das muss nicht immer ein spanisches Importiertes sein.
Torsten Knippertz: Nein, überhaupt nicht. Ich meine, ein Kumpel von mir kommt aus der Steiermark und die haben ja auch ihr Kürbiskernöl wirklich auch per Marketing glaube ich, so gemacht, dass das richtig gut geht. Warum soll das nicht auch aus dem Rheinischen Revier gehen mit Sonnenblumenöl oder Leinöl? Ich probier‘ jetzt erst mal, ja? Mmmh, lecker, wirklich mild. Es kriegen alle Misophoniker - Ihr könnt weiterskippen. Ja, lasst mal so, drei Minuten könnt ihr nach vorne. Wir probieren nämlich jetzt die Öle. Einfach nach vorn skippen so.
Johanna Liesen: Die Öle kann man natürlich auch einfach bei unserem Onlineshop beziehen. Die haben wir im Onlineshop, haben wir letztes Jahr mit aufgebaut. Das ist natürlich auch alles, so als Bauernkind muss man sich natürlich erst mal mit beschäftigen. Ich hatte zum Beispiel im Studium nicht: Wie baut man einen Onlineshop auf? Und da ist man immer auf Experten oder auf Profis angewiesen, auch aus dem Bekanntenkreis, die uns da unterstützt haben. Und seitdem klappt das auch.
Torsten Knippertz: Okay, gut, dann probieren wir mal direkt das Nächste. Womit macht ihr dann weiter?
Johanna Liesen: Dann schlage ich mal Raps vor. So was.
Burkhard Liesen: Aber wie man das schon schmeckt, die Öle, die haben eigentlich nichts mit diesem klassischen Sonnenblumenöl im Supermarkt zu tun, weil die meistens raffiniert sind und unsere Öle sind alle kaltgepresst, das heißt die pressen die nur bei 40 Grad Temperatur und dann sind alle guten Wirkstoffe, die in der Sonnenblume, die das Licht der Sonnenblume einfängt, im Öl natürlich auch dann noch enthalten.
Torsten Knippertz:Ah, guck mal, jetzt so nebeneinander sieht man das wunderbar, wie die sich auch in der Farbe unterscheiden. Das Sonnenblumenöl ist ein bisschen heller und jetzt haben wir das Rapsöl.
Johanna Liesen: Das noch kräftiger, noch noch sieht, noch noch mehr nach Sonne eigentlich aus. Das Sonnenblumenöl ist etwas heller, aber.
Torsten Knippertz: Mmmh, ich hab‘ das noch nie gemacht: Nacheinander zwei verschiedene Öle probiert, wie unterschiedlich das ist.
Burkhard Liesen: Na also, das merkt man schon, dass es wesentlich stärker, wesentlich nussige. Kann man auch so ein bisschen an der Farbe sehen, dass das Sonnenblumenöl so ein bisschen eher hellgelb ist und das Rapsöl eher so dunkel. Ein kräftiges Gelb.
Torsten Knippertz: Ist bis jetzt mein Favorit. Aber zwei haben wir noch.
Johanna Liesen: Mit wem wollen wir weitermachen?
Burkhard Liesen: Nehmen wir erstmal als Farbvergleich. Können wir das Leinöl nehmen?
Torsten Knippertz: Irgendwas schmecke ich da? Aber was?
Johanna Liesen: Dieses Nussige, ein bisschen nussig. Leinöl wird in erster Linie, also bei unseren Kunden wird es in erster Linie eingesetzt, die essen Leinöl-Quark. Also sie packen das Leinöl, weil es sehr förderlich oder gut für die Verdauung ist, für die menschliche Verdauung. packen Sie das in Quark rein und dazu gibt es am besten frische Drillingskartoffeln - ist natürlich ein super Rezept, oder alternativ, manche Leute löffeln auch morgens einfach zum Frühstück einen Löffel, um der Verdauung etwas Gutes zu tun. So ein Löffel Leinöl ist da ganz bekömmlich.
Torsten Knippertz: Also Leinöl ist für mich ein bisschen ein bisschen zu streng. Also, es ist intensiv.Dann bin ich jetzt mal sehr gespannt auf das Hanföl. Mmmh, das ist lecker.
Burkhard Liesen: Genau. Das ist noch mal was ganz Anderes.
Torsten Knippertz: Also, es ist ja sowieso immer subjektiv auch.
Johanna Liesen: Aber das passt eigentlich ganz zu gut zu. Es erinnert vielleicht ein bisschen in die Kürbiskern-Richtung, Kürbiskernöl-Richtung. Deswegen also für Antipasti, Bruschetta, irgendwas Nettes, Nettes auf einer Platte oder Salat dazu. Da kann ich mir das gut vorstellen.
Torsten Knippertz: So kurz runterschlucken. Also, ich habe meine Favoriten auf jeden Fall schon. Welches sind eure? Habt ihr welche?
Burkhard Liesen: Bei mir ist es klassisch das Sonnenblumenöl. Kann man auch für alles verwenden. Egal ob Salat - zum Kochen ist es auch geeignet.
Johanna Liesen: Man kann es auch zum Braten nehmen. Wir haben extra den Rauch-Punkt bestimmen lassen. Klar, das Kaltgepresste ist eigentlich zu schade, aber wir haben auch da mal Reibekuchen mit gemacht. Funktioniert auch.
Torsten Knippertz: Ja? Das verbrennt nicht?
Johanna Liesen: Nee, also klar, ein bisschen schon. Aber es ist eigentlich zu schade. Der Einsatz in frischen, mit frischen Lebensmitteln, in Salaten, wenn es im Frühjahr losgeht und der erste Salat aus dem Garten irgendwann kommt, dann schmeckt es natürlich am besten.
Torsten Knippertz: Aber jetzt so pur mit Brot würde ich sagen: Auf jeden Fall das Rapsöl ganz weit vorne, dann Hanf, dann Sonnenblume, dann Lein. Das wäre jetzt meine favourites, auf jeden Fall. Wo verkauft ihr das? Onlineshop hast du schon gesagt. Bei euch auf dem Hof wahrscheinlich.
Johanna Liesen: Bei uns auf dem Hof kriegt man es auch. Also wir haben so ein Vorräumchen, wo man das auch kaufen kann und aber in erster Linie Wiederverkäufer, also andere Hofläden, mit denen wir kooperieren, auch aus dem Bekanntenkreis. Da gehen wir ein bisschen in die Vernetzung noch mal über, aus Landjugend, aus unseren Ausbildungen. Da gibt es Betriebe, die wir kennen oder kennengelernt haben, die sagen, die haben auch andere Produkte, die die anbauen und als Ergänzung haben viele noch kein Öl gehabt. Und da haben wir gesagt: Gut, dann beliefern wir euch damit. Und das sind jetzt so zwischen 30 und 40 Hofläden mittlerweile schon, also auch die ersten Filialen für den Lebensmitteleinzelhandel. Wir haben zwei, drei Gartencenter dabei, da gibt es ja auch schon mal so regionale Ecken, die das mit aufnehmen. Und von daher arbeiten wir stetig daran, da zu wachsen und neue Wiederverkäufer für uns zu generieren, die dann das Produkt mit in ihr Portfolio aufnehmen.
Torsten Knippertz: Aber schon hauptsächlich Rheinland oder Rheinisches Revier.
Johanna Liesen:Ja.
Burkhard Liesen: Die kann man aber auch alle auf unserer Webseite sehen. Da gibt es eine wunderbare Karte, da kann man sehen, wo man liegt und wo der nächste Shop in der Nähe ist.
Torsten Knippertz: Schreiben wir auf jeden Fall rein in die Shownotes, wie es so schön heißt, wo man eure Öle findet.
Johanna Liesen: Wir haben in Bonn einen kleinen Delikatessenladen, der die schon jetzt ein halbes oder Dreivierteljahr auch schon mit drin hat und der hat auch schon nachbestellt bei uns und war ganz happy und sagte, so was hätte er noch nie probiert und er war auch lange Zeit in der Branche tätig und sagt, es ist so schade, dass es so was nicht mehr gibt, weil viele importierte Produkte haben natürlich einfach einen schlechteren CO2-Fußabdruck sozusagen und man muss einfach mal lernen, das zu genießen, was es in der Heimat gibt und ich glaube, da sind wir mit unserem Öl ganz gut aufgestellt.
Torsten Knippertz: Du sprichst es an, warum denn nicht noch mehr auf die regionalen Sachen gucken? Das hat ja auch was mit Nachhaltigkeit zu tun. Und „buy local“ heißt es ja so schön oder „regional“ dann in dem Fall. Wenn ihr so vernetzt seid, wenn ihr das auch auf dem Hof verkauft, das macht er wahrscheinlich dann auch nicht selbst oder steht ja auch noch hinter der Ladentheke. Nein, ihr habt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch noch weitere auf dem Hof.
Burkhard Liesen: Genau. Wir haben zwei Festangestellte. Dazu sind wir auch jetzt in den vergangenen drei Jahren Ausbildungsbetrieb. Wir bilden einen Azubi aktuell aus und wir haben noch eine Gesellin, die sich quasi auf ihre Weiterbildung vorbereitet und ihr Gesellenjahr bei uns absolviert.
Torsten Knippertz: Überall herrscht Fachkräftemangel. Bei euch auch? Ist es schwierig, Leute zu finden?
Burkhard Liesen: In unserer Branche geht's eigentlich? Also, es gibt viele junge Leute, die auch selber vielleicht Großeltern haben, die schon mal oder einen alten landwirtschaftlichen Betrieb haben und sich dann quasi da noch mal versuchen und ausprobieren wollen, wie das mit der Landwirtschaft so ist. Wir merken das eher so an Sachen bei Wartung oder bei Reparaturarbeiten, dass wir da nicht mehr so die Fachkräfte zur Verfügung haben und dass wir viele Aufgaben auch teilweise dann selber übernehmen müssen, um da schnellstmöglich wieder Abhilfe zu schaffen.
Torsten Knippertz: Also man hört schon raus. Ihr versucht natürlich auch zukunftsrelevante Arbeitsplätze zu schaffen. Inwieweit seid ihr grundsätzlich vom Strukturwandel in der rheinischen Region im Rheinischen Revier betroffen?
Burkhard Liesen: Also man merkt es hauptsächlich bei uns in der Region als Landwirt eher so in der Flächenkonkurrenz. Also wir benötigen ja Fläche für unsere Kulturen und unsere Produkte anzubauen. Da merkt man das eigentlich am stärksten, dass viele, die von der Braunkohle verdrängt worden sind, wo Flächen abgebaggert worden sind, auch nicht immer dann direkt neue Flächen zur Verfügung haben und die drängen halt dann auch aus diesem Gebiet raus oder etwas weiter weg, wollen dann aber teilweise dann auch noch in der Region bleiben und dann ist der Kampf um die Flächen schon relativ hoch.
Torsten Knippertz: Okay. Habt ihr wegen des Strukturwandels eigentlich auch den Kontakt zum Forschungszentrum Jülich gesucht oder haben die den zu Euch gesucht? Wie ist der Kontakt zustande gekommen?
Burkhard Liesen: Das hat sich eigentlich so entwickelt, als die ersten Veranstaltungen für das Rheinische Revier stattgefunden haben und wo dieses ganze Projekt entwickelt werden sollte, war der erste Termin im Dorint in Düren. Und da sind wir eigentlich so spontan drauf gekommen, da einfach mal hinzufahren und sich mal zu informieren, was es da so Neues gibt. Und dann wurde ja dieses Projekt entwickelt in verschiedenen Sparten wie Energie und unter anderem auch Landwirtschaft. Und dann haben wir da mit mehreren Junglandwirten aus der Region haben wir einfach mal dran teilgenommen, ein bisschen was mit entwickelt und so kam das Forschungszentrum dann irgendwann auf uns auch mal zu: Hört mal, wollt ihr nicht mal was ausprobieren? Wir haben hier, da und da vielleicht eine neue Kultur, ob euch das interessiert? Und ja, wir waren das relativ offen und sind da einfach drauf zugegangen und haben dann einfach uns mal ausprobiert. So jetzt zum Beispiel mit dem Projekt, mit dem Saflor und das hat uns dann auch sehr gut gefallen, weil wir halt auch mit unserer Ölmühle den Saft und dann auch zu Öl produzieren konnten.
Torsten Knippertz: Saflor - für alle, die es nicht wissen: Das ist Färberdistel. Das ist auch eine Pflanzenart.
Burkhard Liesen: Es gibt mehrere Begriffe für diese Kultur. Und wir haben dann einfach mal ausprobiert, wie das dann so funktioniert im Anbau. Und das hat eigentlich jetzt im ersten Anbaujahr gut geklappt und wir gehen jetzt dieses Jahr in die zweite Runde und da werden wir mal sehen, ob es dann zu größerem Anbau bei uns in der Region dazukommt.
Torsten Knippertz: Das ist aber nicht das einzige, was ihr testet. Ihr baut testweise auch noch Kapuzinerkresse an.
Burkhard Liesen: Genau das ist für die Arznei-Industrie. Also es gibt da mehrere Projekte. Das eine ist jetzt bezogen auf das Öl. Ein weiteres Projekt ist bezogen auf Medizinalpflanzen und dazu gehört auch die Kapuzinerkresse und da probieren wir uns einfach mal aus, ob sie hier wächst, wie wir die Führung in der Kultur, da arbeiten wir sehr intensiv mit Forschungszentrum zusammen, ob und wie viel wir düngen müssen, was gemacht werden muss. Genau. Und da versuchen wir dann halt so einen Leitfaden zu entwickeln, wie man das hier in der Region anbauen kann.
Torsten Knippertz: Ah, okay. Dann wird wirklich mal getestet, wie das funktioniert und dann gibt es Feedbackrunden mit dem Forschungszentrum.
Burkhard Liesen: Genau. Und deswegen machen wir das auch im Verbund mit mehreren Landwirten, um einfach auch andere Standorte auszuprobieren. Also nicht nur regional auf einem guten Boden zum Beispiel, sondern auch in der Nähe von Grenzstandorten, schlechte Böden.
Torsten Knippertz: Was sind Grenzstandorte?
Burkhard Liesen: Im Rheinischen Revier haben wir eigentlich sehr gute Böden, das heißt hohe Lös-Auflagen, gute Wasserverfügbarkeit und es gibt aber Gebiete, die sind halt nicht so gut vom Boden, die haben eine schlechte Boden-Punktezahl zum Beispiel. Da gehören auch so Grenzstandorte in der Nähe des Tagebaus dazu. Wenn da irgendwann mal ein See hinkommen sollte oder es kommt ja ein See hin, davon ist auszugehen, aber es dauert ja sehr lange, diese Seen zu füllen und dann werden die Hänge immer noch frei bleiben und das sind sogenannte Grenzstandorte, weil da halt einfach kein normaler Boden ist, sondern halt eher die unteren Bodenschichten und wir versuchen jetzt schon im Vorab, bevor der Tagebau geflutet wird, festzustellen, ob solche Kulturen hier im Gebiet etabliert werden können und ob sie gut wachsen, um nachher vorbereitet zu sein, um auf solche Grenzstandorte dann Ackerbau zu betreiben.
Torsten Knippertz: Ja, man bereitet sich vor. Auf den Braunkohle-Ausstieg. 2030 soll es soweit sein. Mir ist letztens erstaufgefallen: Das es ja nur noch sieben Jahre sind.
Burkhard Liesen: Genau. Also das Ganze.
Torsten Knippertz: Sieben Jahre geht schnell. Also mindestens genauso wichtig wie der Strukturwandel ist aber wahrscheinlich für euch das Thema Klimawandel. Wir haben noch die die trockenen letzten Sommer vor Augen. Was bedeutet Klimawandel für euch? Vielleicht auch konkret, um sich auf Veränderungen einzustellen?
Johanna Liesen: Ja, also ich glaube mit unseren Ölkulturen, besonders im Ackerbau, die Sonnenblume ist sehr trockenresistent. Das ist schon mal ein super Vorteil. Deswegen würde sie auch bis dato viel in der Ukraine und Rumänien in den Regionen angebaut, weil da auch im Sommer trockene Bedingungen herrschen. Und deswegen fühlt die sich aktuell bei uns bei trockenen Sommern auch sehr wohl. Was Klimawandel noch für uns heißt, heißt beregnungsreiche, arbeitsintensive Zeit auch im Sommer, dass die Kultur der Kartoffel sozusagen natürlich mehrmals beregnet werden muss, um überhaupt gedeihen zu können, um da überhaupt Erträge zu erwirtschaften. Das ist ein Riesenproblem und ich glaube, das wird auch in Zukunft mehr und mehr begrenzender Faktor werden auch für die Landwirtschaft - seien es Zwiebel-Betriebe, seien es Kartoffel-Betriebe, die da wirklich ihren Schwerpunkt im Betrieb haben. Und ja, ich glaube, ist es wichtig zu lernen, wie geht man damit um, wie teilt man vielleicht das Personal anders ein, dass man sich mit alternativen Beregnungsmöglichkeiten auseinandersetzt, so, dass man im Klimawandel auch mit alternativen Kulturen entgegenwirkt sozusagen und möglichst mit dem Klimawandel lernt zu leben?
Torsten Knippertz: Hört sich für mich an, als wenn das mittlerweile so komplex ist, dass das ohne digitale Möglichkeiten, also Stichwort Digitalisierung, gar nicht geht.
Burkhard Liesen: Also das ist nahezu nicht möglich. Wir machen zum Beispiel, wir versuchen auch unsere Anbaumethoden zu verändern, um halt auch dem Klimawandel entgegenzutreten. Da haben wir zum Beispiel ein System aus den USA zurzeit im Betrieb. Wir machen sogenannten Strip Till-Anbau, das heißt, unsere Fläche wird nicht mehr ganzflächig bearbeitet, sondern nur noch in Streifen. Also dann wird quasi nur noch die Hälfte der Fläche bearbeitet und wir säen dann genau auf diesen Streifen unsere Kultur und versuchen dann quasi zwischen der Kultur, beim Mais oder so was, bei Mais, Zuckerrüben oder den Sonnenblumen im Zwischenraum immer noch eine Kultur zu haben wie ein Gras- oder eine Untersaat, um dann halt nicht mehr so viel Verdunstung zu haben, ein bisschen mehr Wasser im Boden zu halten, um einfach nicht so viel Wasser durch Verdunstung zu verlieren.
Torsten Knippertz: Bedeutet: Ihr spart wahrscheinlich dann dadurch auch viel Dünger. Habt ihr überhaupt Pflanzenschutzmittel?
Burkhard Liesen: Wir setzen, also wir sind ein konventioneller Betrieb, wir sind kein Bio-Betrieb. Halt durch dieses Strip Till, weil wir nur noch die Hälfte der Fläche bearbeiten, haben wir halt auch Vorteile im Pflanzenschutz und können dadurch auch Pflanzenschutzmittel einsparen.
Torsten Knippertz: Und jetzt muss ich noch mal ganz kurz auf die Zieh-Maschinen, Traktoren, Mähdrescher oder was auch immer ihr habt, die GPS basiert fahren, zurückkommen. Wie muss ich mir das vorstellen? Dann fährt der ganz alleine übers Feld?
Burkhard Liesen: Also ein bisschen muss man schon noch selber machen: Maschine runterlassen oder in diese Spur reinfahren, aber die Linie, wo er lang fahren soll, hält er selber. Also das ist quasi ein Ölmotor, der auf dem Lenkrad-Sensor sitzt und quasi dem Lenkrad vorgibt, wie es zu lenken hat.
Torsten Knippertz: Also das dreht dann auch automatisch?
Burkhard Liesen: Ja?
Torsten Knippertz: Bedeutet: Ich muss aber noch draufsitzen?
Burkhard Liesen: Genau.
Torsten Knippertz: …und könnte währenddessen aber irgendeinen Streamingdienst gucken auf dem Pad.
Burkhard Liesen: Theoretisch ja, aber das ist eigentlich dafür gedacht, mehr Kontrolle über die Maschine, die hinten dranhängt, zu haben und quasi mehr Augen und Ohren für den ganzen Prozess zu haben, um zu kontrollieren. Läuft die Maschine richtig? Macht sie das, was sie tun soll, um einfach mehr Kontrolle zu haben, um den Fahrer auch zu entlasten? Also früher sind unsere Eltern aufs Feld gefahren, sind den ganzen Tag gefahren und am Ende des Tages wurden die Spuren, wo sie gesät haben, immer schiefer, weil die Konzentration nachlässt. Das kann jetzt nicht mehr passieren.
Torsten Knippertz: Ach so, okay. Also deswegen kommen diese geraden Linien.
Burkhard Liesen: Genau. Es wird immer gerade.
Torsten Knippertz: Aber, jetzt mal im Ernst: Macht das denn dann überhaupt noch Spaß, Trecker fahren - so wie früher? Sich draufsetzen
Johanna Liesen: Ich glaub‘, das macht es schon noch. Also bei GPS, klar, das hat digital super viele Vorteile. Das eigentliche Handwerk des Landwirts, gerade zu säen, das hat unsere Großeltern, das haben die natürlich noch von der Pike auf gelernt und heutzutage wachsen die Landwirte natürlich mit mehr Digitalisierung und mehr Vorteilen auf. Hat sein für und wider würde ich sagen, aber ich glaube, es ist heute nicht mehr wegzudenken auf den landwirtschaftlichen Betrieben.
Torsten Knippertz: Gibt es denn noch Scheunen-Partys?
Johanna Liesen: Klar.
Torsten Knippertz: Ja, früher habe ich immer Schilder gesehen, überall hier, am Wochenende Scheunen-Party. Das hab‘ ich lange nicht mehr gesehen.
Burkhard Liesen: Das wird auch nicht mehr so öffentlich dargestellt.
Torsten Knippertz: Ach so! Ich krieg‘ das nur nicht mehr mit.
Burkhard Liesen: Wir sind beide zum Beispiel Mitglied in einer Landjugend. Das ist quasi alle, die mit Landwirtschaft und Drumherum was zu tun haben in der Gemeinde, also die heißt KJB, also sogar eine katholische Landjugend Zülpicher Börde. Und ja, wir veranstalten zum Beispiel jedes Jahr eine Karnevalsparty. Ist dann auch, findet meistens in einer Scheune oder einer Halle statt, die früher landwirtschaftlich war.
Torsten Knippertz: Sehr gut. Da muss ich mich mal ein bisschen besser vernetzen. Bei unserer Landjugend in Mönchengladbach und Umgebung.
Johanna Liesen: Gibt es da auch. Also am Niederrhein gibt es natürlich noch sehr viel mehr Ortsgruppen, auch mit Landjugend. Und ich glaube, das hat uns schon in unserer Jugend oder Anfang der 20, aber wir gehen jetzt auf Ende der 20er zu, beide, aber zu Beginn schon sehr geprägt und das auch für naturbewusste oder mit dem Land verbundene junge Leute ist das eine super Aktion, sich zu vernetzen und da in Kontakt zu treten. Man muss da nicht unbedingt vom landwirtschaftlichen Betrieb kommen, sondern einfach, wenn man daran Spaß hat und sich ein Netzwerk aufbauen will, ist man bei den meisten Ortsgruppen immer willkommen.
Torsten Knippertz: Auf jeden Fall. Aber Spaß ist ein gutes Stichwort. Was macht euch am meisten Spaß bei eurer Arbeit? Was ist eure Lieblingsbeschäftigung? Johanna Liesen vielleicht zuerst.
Johanna Liesen: Ich habe ja Management gelernt nach meiner Ausbildung noch und das Koordinieren, das ineinanderbekommen, wo ich wann ausliefer´, wenn ich mit neuen Kunden telefoniere, der Kundenkontakt. Ganz kurzes Beispiel dazu: Am Sonntag war ich abends zum Essen noch verabredet und da saß auch zufälligerweise in dem Lokal jemand, den ich kannte. Und den Hofladen habe ich aber noch nicht beliefert. Und da hat man natürlich den Abend noch mal direkt genutzt und ist mit einem Lachen nach Hause gegangen und hat gesagt: Der hat sich doch wieder gelohnt. Und so was erfreut mich immer. Und ich glaube, das ist so meine Passion, die Leute zu vernetzen und das Netzwerken, wo man auch Kontakte halten kann, neue aufbaut und darüber auch sein Öl vermarkten kann. Das macht mir am meisten Spaß.
Torsten Knippertz: Also die Öle sind bei dir im Moment weit vorne.
Johanna Liesen: Genau so ist es bei dir.
Burkhard Liesen: Eigentlich so die ganzen Kulturen, die wir ja jetzt mittlerweile anbauen. Wir haben ja jetzt schon vier verschiedene Ölsorten, die wir anbauen und da sollen jetzt auch noch ein paar dazukommen und es ist einfach super spannend, wenn man so was aussät. Man hat dieses kleine Korn in der Hand und legt das dann mit einer Maschine in die Erde und irgendwann steht dann die fertige Sonnenblume da. Dann freut man sich schon jeden Tag daran vorbei zu fahren und zu sehen: Es ist es schon wieder zwei Zentimeter größer.
Torsten Knippertz: Das kann ich so nachvollziehen. Ich habe ja eben schon mal kurz den Vergleich zum Handwerk ein bisschen gesponnen. Da finde ich es cool, wenn man was macht, dass man dann sieht, was man geschaffen hat. Und bei euch ist das ja ähnlich. Also wenn man was pflanzt und dann sieht, dass das wächst und gedeiht. Ich bin jetzt vor einiger Zeit umgezogen, ein bisschen ländlicher raus und bekommen dann eben mit oder unmittelbarer mit, wie unterschiedlich das dann ist, wie die Felder bestellt werden. Das ist schon cool, das zu sehen, also wie schnell das teilweise auch wächst und wie unterschiedlich. Habe ich früher nie so einen Blick für gehabt.
Johanna Liesen: Und die Ölkulturen, was besonders jetzt letztes Jahr oder so aufgefallen ist, da hatten wir eine Sonnenblumenfläche an einer vielbefahrenen Straße und ganz viele haben irgendwann oder im Bekanntenkreis haben wir dann erfahren, die wollten alle wissen wie dieses Riesenfeld Sonnenblumen, das sieht so schön aus. Und es wird natürlich auch als Fotokulisse für Social Media gebraucht, keine Frage, das lässt sich nicht abstreiten.
Torsten Knippertz: Also das sind eure favourites. Euer Papa ist happy mit der Biogasanlage, habe ich eben so herausgehört. Wie ist es denn da eigentlich? Ist der auch digital weit vorne oder ist es da ein bisschen schwieriger?
Burkhard Liesen: Ja, das klappt eigentlich ziemlich gut. Dann bekommt man immer eine E-Mail von ihm: Hier das und das leitet er an einem weiter hier: Das musst du noch machen. Das funktioniert eigentlich wunderbar. Auch viel an der Biogasanlage ist schon digitalisiert. Die ganzen Steuerungen von den Anlagen, also mittlerweile muss er nicht mal mehr aufstehen dafür. Kann er auf seinem Handy einfach gucken: Wie läuft die Anlage gerade? Was muss ich noch umstellen, oder so? Und ja, da kann man eigentlich sehr viel mittlerweile machen.
Torsten Knippertz: Seid ihr mit der Biogasanlage eigentlich Selbstversorger komplett oder müsst ihr noch zukaufen?
Burkhard Liesen: Wir sind ein reiner Einspeiser-Betrieb, also wir verkaufen unseren Strom komplett.
Torsten Knippertz: Blicken wir mal in die Zukunft des Rheinischen Reviers. Was glaubst du, Burkhard Liesen, muss man machen, damit die Landwirtschaft auch eine Zukunft im Rheinischen Revier hat.
Burkhard Liesen: Also man muss definitiv vielfältiger werden. Also diese klassische rheinische Fruchtfolge, das ist Rüben, Weizen, Gerste, die gibt es bei uns im Betrieb schon viele Jahre nicht mehr. Es gibt aber noch Betriebe, die das tatsächlich machen. Aber da muss man sich auf jeden Fall breiter aufstellen. Ein bisschen nach dem Klimawandel gucken. Welche Kulturen passen, vielleicht demnächst, wenn es etwas wärmer wird, weniger Wasser zur Verfügung steht, passen besser zu uns? Da muss man einfach ein bisschen flexibler werden und einfach mal links und rechts gucken. Was gibt es denn noch so im Supermarkt, was jetzt importiert wird, ob man das nicht auch vielleicht hier mal produzieren kann auch um Wege und CO2, Transport einzusparen? Da gibt es auf jeden Fall viele Möglichkeiten.
Torsten Knippertz: Also experimentierfreudig sein.
Burkhard Liesen: Richtig, auf jeden Fall.
Torsten Knippertz: Habt ihr noch eine Message an die - ja, von mir aus an die Landjugend im Revier? Da habt ihr gesagt, wie wichtig es ist, sich zu vernetzen und was für gute Möglichkeiten es gibt.
Johanna Liesen: Ich glaube, die beste Message, die man eigentlich geben kann, ist grundsätzlich junge Leute, egal ob Stadt oder Land - ich will das gar nicht irgendwie auseinanderhalten, weil es sind doch gehören immer beide zusammen und die Message, die ich ihnen geben kann, ist: Vernetzt euch, bleibt zusammen, unternehmt was, genießt das und engagiert euch auch Richtung Politik. Geht raus, engagiert euch in Vereinen, in öffentlichen Institutionen, in Parteien, da, wo ihr euch zugehörig fühlt. Weil es ist umso wichtiger: Wenn junge Leute keine Stimme abgeben und sich mit einbringen, dann macht wer anders, spielt wer anders die Musik, sozusagen. Und das ist ganz wichtig. Ich beobachte, ich geb‘ das immer weiter. Ich habe letztes Jahr diesen Managementkurs für Agrarpolitik und Öffentlichkeitsarbeit gemacht, über neun Wochen. Wir waren nonstop in Berlin, in Brüssel, waren im Landtag und haben ganz viel unternommen in diesen neun Wochen und das hat mir noch mal gezeigt, wie viel Potenzial und wie viel Herzblut dahintersteckt, wenn junge Leute sich engagieren. Sie müssen einfach mutig sein. Ich glaube, das ist so das Wichtigste. Mutig sein.
Torsten Knippertz: Dann kommen vielleicht demnächst noch ganz viel tolle Sachen aus dem Rheinischen Revier, von denen wir jetzt noch gar nichts ahnen. Was glaubt ihr, was wird das nächste Ding nach eurem Öl?
Burkhard Liesen: Also, wir machen schon sehr viel mit diesem Futter.
Torsten Knippertz: Das ist rausgekommen.
Burkhard Liesen: Also das nächste Projekt, was wir jetzt haben, ist Mohn. Da bauen wir jetzt erst mal eine Fläche damit an und dann werden wir mal gucken, was dann noch so in der Ölpalette dazukommen kann.
Johanna Liesen: Ich begleite das aktuell in meinem nebenberuflichen Master mit einer kleinen Hausarbeit, dass man sich sowohl thematisch einfach von der Recherche damit immer beschäftigt, als auch dann im Anbau. Und dann hat man glaube ich so Theorie und Praxis ganz gut vereint.
Torsten Knippertz: Nebenberuflicher Master - Du hast noch nicht genug zu tun.
Johanna Liesen: Das ist gut gesagt, ja.
Torsten Knippertz: Also, ich höre raus. Ihr ruft dazu auf, offen zu sein, auch experimentierfreudig zu sein, wissbegierig zu sein, sich gut zu vernetzen. Und dann werden wir in Zukunft auch noch einiges hören. Ihr seid die besten Vorbilder, die zeigen, wie man es macht. Danke schön für die Einblicke in den Alltag auf eurem Hof. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Bild jetzt bei Einigen vielleicht auch ein bisschen dann nicht gerade gerückt worden ist, aber sich verändert hat, was Landwirtschaft auch noch alles sein kann. Ich fand es auf jeden Fall super spannend, lehrreich. Vielen Dank.
Burkhard Liesen: Gerne.
Johanna Liesen: Gerne, danke schön.
Torsten Knippertz: Und damit sind wir auch schon am Ende unserer heutigen Episode. Danke schön fürs Zuhören. Gerne weiter erzählen von unserem Podcast Revier.Geschichten, auf dass wir noch viele dieser wunderbaren Geschichten und Ideen hören. Die einzelnen Details packen wir wie gesagt in die Shownotes und gerne könnt ihr uns auch abonnieren, teilen und liken und natürlich beim nächsten Mal wieder dabei sein, wenn es heißt Revier.Geschichten. Tschüss! Bis zum nächsten Mal. Ole, ole.