Bestandsentwicklung
Bedburg: Mit dem Wandel vertraut
Vier Zehntel des Stadtgebiets wurden abgebaggert, rund 7.000 Einwohner mussten umgesiedelt werden. Der Braunkohleabbau hat das Leben in Bedburg jahrzehntelang geprägt. Zugleich brachte das „braune Gold“ der Stadt Wohlstand und zahlreiche Arbeitsplätze, die mit dem Ende des Tagebaus Garzweiler II im Jahr 2030 endgültig wegfallen. Doch schon jetzt haben die Bedburger umfassende Erfahrungen mit der Rekultivierung ehemaliger Tagebauflächen gesammelt. Wertvolles Wissen, das die Strukturwandelmanagerin Anke Pötter sowie ihre Kollegen Lucas Scheer und Thomas Niebuhr nutzen können.
Nachhaltig bauen
Als gebürtige Neusserin fühlt sich Anke Pötter auch persönlich mit dem Rheinischen Revier verbunden. „Ich habe mich immer in dieser Region bewegt“, sagt sie. „Die aktuellen Transformationsprozesse meiner Heimat möchte ich aktiv begleiten und die Region bei der Entwicklung eines wirtschaftlich stabilen und attraktiven Umfeldes nach dem Braunkohleausstieg unterstützen.“ Die Architektin hat zuvor bereits fast zwanzig Jahre lang Stadtplanungsprojekte in verschiedenen Städten geleitet. Als Strukturwandelmanagerin für die Stadt Bedburg betreut sie vor allem die nachhaltige Entwicklung neuer Gewerbe- und Wohnquartiere. Ein Beispiel hierfür ist das Neubaugebiet „Smart Quart“, das auf einer ehemaligen Tagebaufläche entsteht. Dabei setzen die Bedburger auf ressourcenschonende Bauweisen und eine klimaneutrale Energie- und Wärmeversorgung. Weitere Bauprojekte begleitet Pötter in Zusammenarbeit mit den Nachbarkommunen im Rheinischen Revier.
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Vorausschauend planen
„Mir persönlich macht es Spaß, mich mit den Herausforderungen des Strukturwandels zu beschäftigen“, sagt Lucas Scheer. Der Strukturwandelmanager wirft dabei, wie seine Kolleginnen und Kollegen, nicht selten einen Blick in die Glaskugel. Welche Projekte werden die Stadt und die Region in den kommenden Jahren wirklich voranbringen? Das vorausschauend zu planen, empfindet der Geograf als besondere Herausforderung an seiner Aufgabe. Dabei sind ihm vor allem Projekte wichtig, „die den Klimaschutz und die Lebensqualität verbessern sowie die Gleichwertigkeit der Lebensräume von Stadt und Land fördern“. Im Team beschäftigt sich Scheer mit den Themen Mobilität und Verkehr. Wegen des Braunkohletagebaus mussten in Bedburg zahlreiche Straßen und die Eisenbahnlinien verlegt werden. Nun plant die Stadt eine Verkehrswende: Barrierefreier Nahverkehr, eine fahrradfreundliche Innenstadt und eine bessere Anbindung innerhalb der Region stehen dabei unter anderem auf der Agenda.
Lieblingsplatz im Revier: Das Rheinische Revier hat viele schöne Ecken. Da ich nicht unmittelbar aus der Umgebung komme, freue ich mich immer wieder, neue Orte zu entdecken.
Digitalisierung vorantreiben
„Ich möchte in den kommenden Jahren die tiefgreifenden Strukturwandelprozesse im Rheinischen Revier aktiv begleiten und die Region für die Zukunft unterstützen“, sagt Thomas Niebuhr. Der Strukturwandelmanager hat dabei unter anderem die Digitalisierung der Stadtverwaltung im Blick, um so die Planungsprozesse etwa für neue Wind- und Solarenergie-Projekte in Bedburg zu beschleunigen. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit ist die nachhaltige Entwicklung neuer Wohn- und Gewerbegebiete. „Das Rheinische Revier soll zeigen, wie moderne, ressourcenschonende Stadt- und Landentwicklung geht“, so der Geograf. Als Strukturwandelmanager hat er vor allem ein Ziel vor Augen: den Beschäftigten in der Braunkohleindustrie neue Perspektiven zu bieten und die Region für Unternehmen attraktiv zu machen.
Lieblingsplatz im Revier: der Rad- und Freizeitweg „Speedway :terra nova“ mit seinen schönen Aussichtspunkten
Bedburg mit seinen rund 25.000 Einwohnern liegt im Rhein-Erft-Kreis inmitten des Städtedreiecks Köln, Düsseldorf und Aachen. Seit den 1950er Jahren lebt die Stadt mit und teilweise vom Bergbau. Die nachhaltige Umnutzung ehemaliger Tagebauflächen prägt bereits heute das Landschaftsbild. Ein Beispiel hierfür ist der Windpark „Königshovener Höhe“, eine der leistungsstärksten Anlagen in Nordrhein-Westfalen. Er wurde auf 345 Hektar rekultivierter Fläche des Tagebaus Garzweiler I errichtet. Die Stadt Bedburg ist zu 49 Prozent beteiligt, den anderen Teil hält RWE.
Eine Stadt zwischen Moderne und Tradition – so präsentiert sich Bedburg auch auf der eigenen Homepage. Die Geschichte des Ortes reicht bis ins 9. Jahrhundert zurück. Im 16. Jahrhundert war Bedburg Schauplatz des bekanntesten Werwolfprozesses im deutschsprachigen Raum. Der Bauer Peter Stubbe wurde angeklagt, sich mit dem Teufel eingelassen und in Werwolfsgestalt mindestens 16 Menschen getötet zu haben. Der Beschuldigte gestand unter Folter und wurde in Bedburg öffentlich hingerichtet. Der spektakuläre Fall zog damals sogar Kreise bis nach Dänemark, England und in die Niederlande. Die Geschichte des Peter Stubbe wurde auf Flugblättern verbreitet und auf Kupferstichen verewigt. Heute erinnert ein Werwolf-Wanderweg an den berühmtesten Vorfall in der Geschichte der Stadt.
Der vorgezogene Ausstieg aus der Braunkohle stellt das Rheinische Revier vor große Herausforderungen. Die Strukturwandelmanagerinnen und -manager begleiten in den Kommunen die Weiterentwicklung der Region und unterstützen bei der Entwicklung, Qualifizierung und Umsetzung von Förderprojekten. Dabei stehen sie miteinander in engem Austausch, um eine abgestimmte Entwicklung der Region zu gewährleisten. Die geförderten Stellen sind Teil des „Entlastungspakets Kernrevier“ des Landes Nordrhein-Westfalen.