Bestandsentwicklung
Grevenbroich: Neue Perspektiven für stillgelegte Kraftwerke
„Bundeshauptstadt der Energie“ – diesen Titel trug Grevenbroich noch vor einigen Jahren. Über Jahrzehnte hinweg wurde die Kohle aus dem benachbarten Tagebau Garzweiler vor Ort in zwei großen Kraftwerken in Strom umgesetzt. Bis heute ist im Ortsteil Neurath das leistungsstärkste Braunkohlekraftwerk Deutschlands in Betrieb. Doch auch dies soll in den nächsten Jahren endgültig vom Netz gehen. Viele Beschäftigte sind von den Auswirkungen des Kohleausstiegs betroffen. Daher ist es wichtig, die Stadt fit zu machen für die Zeit danach. Diese Aufgabe haben sich die Strukturwandelmanagerin Sandra Töller und ihr Kollege Christian Moede auf die Fahne geschrieben.
Strukturwandel mit Vorbildcharakter
Die weithin sichtbare Kulisse des Braunkohlekraftwerks Frimmersdorf hat Christian Moede bereits in seiner Kindheit beeindruckt. Inzwischen ist das Kraftwerk stillgelegt und der gebürtige Grevenbroicher begleitet als Strukturwandelmanager aktiv den Wandel in seiner Heimatstadt. Eine äußerst vielseitige und interdisziplinäre Aufgabe, bei der er als Geograf seine Stärken nutzen kann. „Es müssen die sozialen, ökologischen und ökonomischen Aspekte berücksichtigt werden, weswegen Wirtschaftsförderung, Klimaschutz und die Zusammenarbeit aller betroffenen Akteure zum Tätigkeitsfeld gehören“, erklärt Moede. Seine Vision: Die Stadt Grevenbroich soll im Verbund mit dem Rheinischen Revier allen ein Beispiel sein, wie Strukturwandel nachhaltig gelingen kann.
Lieblingsplatz im Revier: auf der „Gustorfer Höhe“, von dort hat man einen wunderschönen Blick über das Rheinische Revier
Strukturwandel mit langem Atem
„Der Strukturwandel im Rheinischen Revier ist komplex und vielseitig zugleich. Ein echter Marathon“, meint Sandra Töller. Als Strukturwandelmanagerin für Grevenbroich betreut die diplomierte Raumplanerin vor allem Projekte zur Um- und Nachnutzung ehemaliger Kraftwerks- und Betriebsflächen sowie die Entwicklung neuer Gewerbe- und Industriegebiete. Auf dem Kraftwerksgelände Neurath soll in Zusammenarbeit mit der Nachbargemeinde Rommerskirchen ein Industrie- und Gewerbepark entstehen. Der interkommunale Schulterschluss über Stadtgrenzen hinweg ist daher besonders wichtig für die Strukturwandelmanagerin. Eine zentrale Kooperationspartnerin der Stadt Grevenbroich ist zudem die „Perspektive.Struktur.Wandel GmbH“, ein Gemeinschaftsunternehmen des Landes und der RWE Power AG, das sich der Nachnutzung ausgewählter RWE-Standorte widmet.
Lieblingsplatz im Revier: ein Fensterplatz in der Linie RB 39, dort hat man in Fahrtrichtung Grevenbroich zwischen der Haltestelle Neuss-Holzheim und Kapellen-Wevelinghoven einen wunderbaren Blick auf die Vollrather Höhe und die Kraftwerke
Die Stadt Grevenbroich mit ihren rund 68.000 Einwohnern gehört zum Rhein-Kreis Neuss. Der Braunkohlebergbau ist hier seit mehr als hundert Jahren allgegenwärtig. So war der Grevenbroicher Ort Gürath das erste Dorf, das bereits im Jahr 1900 dem Braunkohlebergbau im Rheinischen Revier weichen musste. Über Jahrzehnte hinweg wurde die Kohle aus dem benachbarten Tagebau Garzweiler in zwei großen Kraftwerken in Strom umgesetzt. Doch auch das leistungsstärkste Braunkohlekraftwerk Deutschlands im Ortsteil Neurath wird bald endgültig abgeschaltet. Für die Zeit danach haben die Grevenbroicher bereits umfangreiche Pläne zur Umnutzung der ehemaligen Kraftwerksflächen.
Die Stadt blickt auf eine mehr als 700-jährige Geschichte zurück. Der bekannteste Bürger von Grevenbroich ist wohl die Kultfigur Horst Schlämmer, der stellvertretende Chefredakteur des fiktiven „Grevenbroicher Tageblatts“. Erfunden und verkörpert vom Komiker Hape Kerkeling zählen Überbiss, Trenchcoat, Herrenhandtasche, Schnurrbart und Schnappatmung zu seinen unverwechselbaren Erkennungszeichen. Die Grevenbroicher haben sogar schon einmal darüber nachgedacht, Horst Schlämmer zum Ehrenbürger der Stadt zu ernennen. Jedenfalls weiß dank des emsigen Lokalreporters nun jeder Nicht-Ortskündige, wie man die Stadt an der Erft richtig ausspricht, nämlich „Grevenbrooch“.
Der vorgezogene Ausstieg aus der Braunkohle stellt das Rheinische Revier vor große Herausforderungen. Die Strukturwandelmanagerinnen und -manager begleiten in den Kommunen die Weiterentwicklung der Region und unterstützen bei der Entwicklung, Qualifizierung und Umsetzung von Förderprojekten. Dabei stehen sie miteinander in engem Austausch, um eine abgestimmte Entwicklung der Region zu gewährleisten. Die geförderten Stellen sind Teil des „Entlastungspakets Kernrevier“ des Landes Nordrhein-Westfalen.