Bestandsentwicklung

Merzenich: Den Ort der Zukunft gestalten

Es kam anders als geplant: Eigentlich sollte der Merzenicher Ortsteil Morschenich dem Braunkohleabbau weichen. 2015 begann die Umsiedlung der Bewohnerinnen und Bewohner, am Rande der Abbruchkante des Tagebaus Hambach entstand ein Geisterdorf, dessen Ende absehbar war. Im Herbst 2022 kam der Beschluss zum vorzeitigen Kohleausstieg 2030. Das warf alle, von langer Hand vorbereiteten Pläne über den Haufen: das Dorf bleibt erhalten, die Tagebau-Abbruchkante verläuft anders als gedacht und es stehen mehr landwirtschaftliche Flächen zur Verfügung. Und das sind nicht die einzigen von Strukturwandel geprägten Herausforderungen in der Gemeinde Merzenich. Für die Strukturwandelmanagerin Anna Hecker und ihren Kollegen Lennart Schminnes sowie der Nachhaltigkeitsmanagerin Karina Vonhögen gibt es viel zu tun.

Martin Wirtz
© Gemeinde Merzenich

Zeigen, was möglich ist

Anna Hecker ist studierte Wirtschaftsgeografin und begleitet raumwirksame Projekte im Strukturwandel - von der Ideengenerierung und Entwicklung, über das Management bis hin zur baulichen Umsetzung. „Dies sind vor allem Projekte mit städtebaulichem Fokus, welche zum Ziel haben, bestehende Räume mit neuen Qualitäten zu verbinden.“ Ein Themenschwerpunkt bildet der leergezogene Ort Morschenich-Alt, der zum „Ort der Zukunft“ entwickelt werden soll. „Dabei geht es um eine zeitgemäße Umnutzung und einen Neuanfang mit klarem Profil, ohne die besondere Geschichte und seine Bewohnerinnen und Bewohner inklusive der vorhandenen historischen Bausubstanz zu vergessen.“

Eine besondere Herausforderung in ihrer Arbeit sieht Hecker darin, bereits heute zu zeigen, was möglich ist. „Mit dem zukünftigen Tagebausee steht die Region vor nie da gewesenen Herausforderungen. Der anstehende Landschaftswandel bietet gleichzeitig aber auch völlig neue Gestaltungsmöglichkeiten.“ Vor allem möchte sie dazu beitragen, die Zukunft bereits heute greifbar zu machen. Eines ist ihr wichtig zu betonen: „Es gibt nicht die eine universelle Lösung zur Gestaltung des Strukturwandels.“ Die erfolgreiche Zukunftsgestaltung der größten Landschaftsbaustelle Europas könne nur gelingen, wenn alle Akteure einen Beitrag leisten. „Mich motiviert der Gedanke, ein Teil dieser Akteursgruppe zu sein und aktiv und kreativ an der Gestaltung meiner Heimatregion mitzuwirken.“

Lieblingsplätze im Revier: Ausblick auf das Rurtal und die Buntsandsteinfelsen vom Aussichtspunkt Eugenienstein in Nideggen-Rath

Martin Wirtz
© Gemeinde Merzenich

Vielfältige Aufgaben

„Gelingender Strukturwandel zum Wohle aller Bewohnerinnen und Bewohner des Reviers“, das ist die Motivation für Lennart Schminnes. Doch die Motivation des studierten Stadt- und Regionalplaners geht noch weiter. Er will echten, gerechten und effektiven Klimaschutz und Klimaanpassung für das Revier sowie nachhaltige und sichere Arbeitsplätze für die Zukunfts- und Innovationsregion Rheinisches Revier schaffen.

Die Schwerpunkte seiner Arbeit sind ebenfalls vielfältig. Schminnes beschäftigt sich mit Strategieentwicklung, Projektinitiation und Projektmanagement, Fördermittelmanagement, Klimaschutz und Klimaanpassung sowie Wirtschaftsförderung. Als besonders reizvoll empfindet der Stadtplaner bei seiner Arbeit ökologische, soziale und ökonomische Interesse zu vereinbaren sowie die wechselnden Themen und Wissensschwerpunkte. „Die besondere Herausforderung ist, Neues schnell zu verstehen, zu adaptieren und umzusetzen.“

Lieblingsplätze im Revier: Morschenich-Alt (Ort der Zukunft)

Martin Wirtz
© Gemeinde Merzenich

Jeder kann mitgestalten

Karina Vonhögen weiß aus eigener Erfahrung, worum es beim Strukturwandel geht: „Ich bin mit dem Tagebau und den damit einhergehenden Veränderungen in der Umgebung als Bürgerin der Gemeinde Merzenich aufgewachsen.“ Nachhaltigkeit, aber auch Klimaschutz und -anpassung bilden die Schwerpunkte ihre Arbeit als Nachhaltigkeitsmanagerin. Dazu gehört die Ausarbeitung einer Nachhaltigkeitsstrategie, die Planung von Aktionen und die Bearbeitung von Förderanträgen. „Die Errichtung einer Photovoltaik-Anlage ist bereits genehmigt“, so Vonhögen, die Gemeinde erhalte einen Zuschuss von 100 Prozent. Zudem gibt es ein gemeindeeigenes Förderprogramm, das die Umwandlung von Schottervorgärten in naturnahe Flächen unterstützt. „Das ist noch bis Ende 2024 abrufbar“, so die studierte Biologin.

Doch auch kleinere Projekte, wie Müllsammelaktionen oder Tauschbörsen tragen zur Nachhaltigkeit bei. „Ich sehe meinen Job als Chance, eine lebenswerte Zukunft in unserer Region aktiv mitzugestalten und möglichst viele Menschen für die wichtigen Themen Strukturwandel und Nachhaltigkeit zum Mitwirken zu begeistern.“ Von einem ist Karina Vonhögen absolut überzeugt: „Jede und Jeder kann mitgestalten und zusammen können wir eine lebenswerte Zukunft schaffen.“

Lieblingsplätze im Revier: Meine Heimatkommune Merzenich. Hier vor allem die weiten Felder und der Erbwald, wo man gut spazieren gehen oder Fahrradfahren kann.

Die heutige Gemeinde Merzenich entstand durch die 1969 durchgeführte kommunale Neugliederung und vereinte die Ortsteile Merzenich, Golzheim, Girbelsrath und Morschenich. Bereits 1794, nach dem Einmarsch der Franzosen, wurden die Orte Merzenich, Golzheim und Girbelrath zur „Mairie Merzenich“, zur Bürgermeisterei Merzenich zusammengeschlossen.

Der Name Merzenich hat lateinische und keltische Wurzeln und bedeutet „Heim des Martinus“. Bereits 5000 Jahre v.Chr. siedelten hier Menschen, genauer gesagt in 50 Häusern am heutigen Valdersweg. Erstmals urkundlich erwähnt wurde Merzenich 1225. Morschenich wurde bereits 1158 in einer Urkunde genannt. Diese Ortschaft war schon in der Steinzeit besiedelt, davon zeugt ein 7100 Jahre alter hölzerner Brunnen, der im Rahmen der archäologischen Betreuung des Braunkohleabbaus entdeckt wurde.

Die alte Kirche in Merzenich wurde um 1300 erstmals erwähnt und in den nachfolgenden Jahrhunderten immer wieder erweitert. Heute wird das denkmalgeschützte Gebäude für kulturelle Veranstaltungen genutzt. Als Wahrzeichen Merzenich gilt der Wasserturm, der als höchstes Gebäude in der flachen Dürener Börde weithin sichtbar ist. Erbaut wurde er 1608 als Windmühle und Anfang des 20. Jahrhunderts zum Wasserturm umfunktioniert. 

Der vorgezogene Ausstieg aus der Braunkohle stellt das Rheinischen Revier vor große Herausforderungen. Die Strukturwandelmanagerinnen und -manager begleiten in den Kommunen die Weiterentwicklung der Region und unterstützen bei der Entwicklung, Qualifizierung und Umsetzung von Förderprojekten. Dabei stehen sie miteinander in engem Austausch, um eine abgestimmte Entwicklung der Region zu gewährleisten. Die geförderten Stellen sind Teil des „Entlastungspakets Kernrevier“ des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Stelle der Nachhaltigkeitsmanagerin wird durch Mittel des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) gefördert.

Weitere Projekte

Steckbrief

Kontakt

Anna Hecker
Strukturwandelmanagerin Merzenich

02421 399-186

Kontakt

Lennart Schminnes
Strukturwandelmanager Merzenich

02421 399-176

Karina Vonhögen
Nachhaltigkeitsmanagerin Merzenich