Digitalisierung

Wie digitale Logbücher Chemie-Tanks sicherer machen

Im Sommer 2021 bestimmt eine Explosion in einem Chempark in NRW die Nachrichten. Sieben Menschen kommen ums Leben, weitere werden verletzt. Ursache war eine ungewollte Reaktion von Chemikalien. Trotz umfassender Sicherheitsmaßnahmen schwingt ein Restrisiko in der täglichen Arbeit der Chemieindustrie immer mit. Das betrifft auch die Logistik der Branche. Bevor Tanks mit neuen Chemikalien befüllt werden, müssen sie aufwendig und fachgerecht gereinigt werden. Dieser Prozess wird bisher analog auf Papierbasis dokumentiert. Um seine Fehleranfälligkeit noch weiter zu minimieren, entsteht eine Technologie, die verifizierbare elektronische Reinigungszertifikate für die chemische Industrie in Europa ermöglicht.

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Europaweit gibt es rund 200 Chemieproduzenten. 20 davon befinden sich im Rheinischen Revier. Sie sind darauf angewiesen, dass ihre Chemikalien in höchster Qualität – also ohne Verunreinigungen – beim Kunden ankommen. Anlagen zur Tankreinigung stellen dies aufwendig und kostenintensiv sicher. Wichtig dabei ist auch die Historie der in einem Tank transportierten Chemikalien, da es Stoffe gibt, die nicht nacheinander geladen werden dürfen. Außerdem müssen die zuvor geladenen Chemikalien bei der Entsorgung von kontaminiertem Reinigungswasser und Dampf beachtet werden.

Bisher werden Tankbeladung und -reinigung in Papierform dokumentiert. Ein Kooperationsprojekt aus Wirtschaft und Wissenschaft arbeitet nun an der Digitalisierung des Prozesses. Diese minimiert das Risiko von Fehlern, die beispielsweise durch eine oberflächliche Überprüfung der Papiere entstehen könnten. Außerdem wird die Fälschungssicherheit erhöht. Diese wird bisher nur durch ein Wasserzeichen auf den Papieren sichergestellt. Mit den digitalen Reinigungszertifikaten lassen sich chemische Tankladungen lückenlos, einfach und eindeutig nachvollziehen und überprüfen – und das europaweit.

Da kein einzelnes Unternehmen die Datenhoheit über die Speditionsdaten sammeln soll, wird das Projekt mit Hilfe von Blockchain-Technologie realisiert. Dabei handelt es sich um eine offene Lösung, die alle Partner beteiligt, aber die Daten in dezentralen Netzwerken fälschungssicher bereithält. Die Fraunhofer-Gesellschaft deckt den wissenschaftlichen Teil der Entwicklung ab. Die technische Umsetzung der Software übernimmt die nordrhein-westfälische Spherity GmbH. Die Lösung wird dann bei und mit einem Hürther Unternehmen der Chemielogistik, der TALKE Gruppe, in die praktische Anwendung überführt.

In Abstimmung mit internationalen Verbänden (ECTA) wird durch die elektronischen Reinigungszertifikate im Rheinischen Revier der Grundstein für eine europäische Lösung gelegt. Die Technologie soll nach der Einführung im Rheinischen Revier daher auch (inter-)national vermarktet werden.

  • Status: bewilligt

  • Durchführungsort: Hürth

  • Durchführungszeitrahmen: 01.05.2024 bis 30.04.2026

  • Programmlinie: STARK

  • Fördervolumen: 1.068.000 Euro
  • Alfred Talke GmbH & Co. KG
  • Fraunhofer-Gesellschaft
  • Spherity GmbH
Weitere Projekte

Steckbrief

Beitrag für Bürgerinnen und Bürger

Unfälle können vermieden werden, die Entwicklung und Betreuung der Software schaffen zukunftssichere Arbeitsplätze und Ausbildungsmöglichkeiten in IT-Unternehmen. 

Nutzen für den Wirtschaftsstandort

Weniger Risiko durch Manipulation ober oberflächliche Kontrollen, Sicherheit bezüglich sauberer Tanks für Produzenten, das Rheinische Revier kann digitaler Vorreiter in der chemischen Logistikbranche werden

Beitrag zum Klima- und Umweltschutz

Transparenz durch sicher und nachvollziehbar dokumentierte Chemietransporte, Chemieunfälle werden vermieden, fachgerechte Entsorgung des kontaminierten Reinigungswassers 

Themen

Chemische Industrie, Blockchain-Technologie, Verifiable Cleaning Documents (vECD), Petrochemie

Kontakt

Lisa Klug
Fraunhofer FIT